Der Faktor Mensch (1)

Bei komplexen Informationssystemen wie LIMS (Laborinformationssystemen) gibt es naturgemäß auch mehr als genug potenzielle Fehlerquellen. So zum Beispiel Programmierfehler im engeren Sinn, aber auch einfach, dass das System für ungewöhnliche Situationen nicht vorbereitet ist und darauf nicht mit der eigentlich richtigen Aktion antwortet. Einfach deshalb, da man bei der Planung auf derartige Situationen gar nicht gedacht hat oder sie überhaupt erst nach Inbetriebnahme denkbar geworden sind. Also zum Beispiel nach Änderungen gesetzlicher Grundlagen.

Genauso gut kann es vorkommen, dass das LIMS an sich korrekt arbeitet, aber das Zusammenspiel mit anderen Systemen (z.B. das Betriebssystem) aufgrund von Änderungen dieser Systeme von heute auf morgen nicht mehr richtig funktioniert.

Eine ganz andere, oft unterschätzte Ursache von Fehlern im Betrieb liegt hingegen darin, dass sich die Anwender nicht so verhalten, wie man sich es als Software-Entwickler vorstellt - einfach indem man denkt, der typische Anwender würde genau wie man selbst reagieren. Dem ist aber leider oft genug nicht so.

Ein in der Praxis häufiger Fall ist, dass das Laborinformationssystem (LIMS) in einer bestimmten Situation korrekterweise eine Fehlermeldung ausgibt, der Anwender diese aber gar nicht beachtet und einfach wegklickt. Vielleicht einfach, da er/sie durch viele andere Hinweise einfach schon abgestumpft ist und sie nicht für bedeutsam hält. Bei Webseiten kennt man besonders seit Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die ständigen Hinweise auf die Verwendung von Cookies, die kein Anwender mehr beachtet und einfach wegklickt. Oder langatmige Geschäftsbedingungen bei Online-Bestellungen, die man höchsten kurz überfliegt und dann akzeptiert - möglicherweise mit unerfreulichen Folgen.

Beim LIMS ist ein solches Verhalten aber häufig die Ursache, dass dann - technisch gesehen völlig korrekt - die Eingaben beispielsweise nicht gespeichert werden können. Und die Fehlersuche gestaltet sich für den Entwickler auch nicht ganz einfach, da man normalerweise nicht davon ausgeht, dass eine Fehlermeldung einfach ignoriert wurde.

Wie kann man solche Situationen vermeiden? Als Entwickler bietet es sich an, Warnungen und Fehlermeldungen stärker zu differenzieren, um den "Abstumpfungseffekt" zu reduzieren. Vielleicht auch die Möglichkeit, häufige und nicht absolut notwendige Meldungen auf Wunsch des Anwenders zu unterdrücken, damit eine wirklich bedeutsame Warnung auch tatsächlich ernst genommen wird.

Aber natürlich können auch die Anwender beziehungsweise die Key-User oder Systembetreuer beim Kunden ihren Anteil leisten. Beispielsweise durch Schulung und Information der Endanwender, dass sie für sie nicht direkt verständliche Fehlerhinweise nicht einfach wegklicken, sondern sie melden sollen.

(Fortsetzung folgt)

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